Briefmarkenverein Singen

Geschichte der Post

Die Erfindung der Post: Von speziellen Lieferungen, Erbgeneraloberstpostmeistern und was Thurn und Taxis damit zu tun hatte

Von Wiebke Hauschildt (Online-Redaktion)

Als der amerikanische Paketservice 1913 seinen Dienst aufnimmt, sind sich Kunden und auch Mitarbeiter nicht ganz sicher, wie der Dienst konkret genutzt werden sollte. Was alles in diesen frühen Jahren versendet wird, ist nicht in Gänze bekannt – eine der kuriosesten Sendungen der Zeit jedoch schon: Kinder[1].

Das erste Kind, das mit der Post „verschickt“ wird, ist ein kleiner Junge aus Ohio. Seine Eltern senden ihn Mitte Januar 1913 zu seiner Großmutter, die etwa zwei Kilometer entfernt wohnt. Der Junge wird mit einer 15-Cent-Briefmarke frankiert und mit 50 Dollar versichert. Noch im selben Monat schickt ein Elternpaar in Pennsylvania ihre Tochter  zu Verwandten im gleichen Bundesstaat für 45 Cent. Beide Kinder kommen wohlbehalten bei den Empfängern an.

Erst 1914, ein ganzes Jahr später, gibt es eine offizielle Untersuchung zur Versendung von Kindern per Post und Postmeister General Burleson teilt seinen Mitarbeitern mit, dass es ab jetzt verboten sei, Menschen zu transportieren. Nun sind Regeln bekanntlich dazu da gebrochen zu werden. Hierzu später mehr, denn die Geschichte der Post ist eine erstaunlich lange und bisweilen turbulente, die wir an dieser Stelle würdigen wollen.

"Uniformed Letter Carrier with Child in Mailbag" (circa 1900), Fotograf: unbekannt, National Postal Museum, Curatorial Photographic Collection

„Uniformed Letter Carrier with Child in Mailbag“ (circa 1900), Fotograf: unbekannt, National Postal Museum, Curatorial Photographic Collection

Die Post in Deutschland: „So schnell, als ob du fliegen würdest“

Im Jahr 1990 feierte die Deutsche Post ihr 500jähriges Jubiläum: Seit 1490, dem Jahr, in dem Maximilian I. im Heiligen Römischen Reich ein völlig neues System der Nachrichtenübermittlung einführt, die „Poststationen“, verfügt Deutschland über ein eigenes und meist relativ schnelles Postsystem[2]. Zuvor ritt ein Kurier die gesamte Strecke von Absender zu Empfänger allein, beispielsweise von Brüssel nach Rom und benötigte dafür durchschnittlich 30 Tage.

Das neue System mit den Poststationen hingegen war schneller und nahm auf die Gesundheit von Reiter und Pferd mehr Rücksicht. „Schnell, schnell, schnell, so schnell, als ob Du fliegen würdest“ soll zwar auf den Stundenzetteln der berittenen Boten gestanden haben, doch hatten sie nur dreißig Kilometer zurückzulegen, bevor sie wie bei einer Staffel an den sogenannten „posta statio“ die „Postfelleisen“ (den heutigen Briefsack) an den nächsten Reiter übergaben. Ein Brief sollte so von Brüssel nach Rom höchstens zwölf Tage brauchen – ein sehr schneller Dienst im Vergleich zu den vorherigen 30 Tagen.

Den Zuschlag für den Betrieb dieser Reitpost bekam die Familie Taxis aus Tirol, die sich ab 1650 Thurn und Taxis nennen durften. Ihren professionellen Einstieg in die Post- und Kommunikationsbranche besiegelte sie durch die Unterzeichnung der „Magna Charta des modernen Postwesens“ am 12. November 1516 mit Karl I. von Spanien[3]. Die Bezeichnungen der Dienstleister sollte sich durch die Jahrhunderte den jeweiligen Kaisern und Königen anpassen: Vom „Postmeister“ zum „Kaiserlichen Kämmerer und Hofpostmeister“ zum „Generalpostmeister“ oder dem „Erbgeneraloberstpostmeister“. Das Familienunternehmen Thurn und Taxis überlebte selbst noch das Ende des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ 1806, bevor der Postdynastie durch den Krieg zwischen Preußen und Österreich der Garaus gemacht wurde.

"Speyer: - Gilgenstraße 35, - Postkutsche vor der Oberpostdirektion, Postplatz. Das Postpersonal steht im Eingangsbereich, anlässlich der letzten Fahrt einer Postkutsche." (1926), Fotograf: Arthur Barth, Stadtarchiv Speyer (CC BY-NC-SA 3.0 Deutschland)

„Speyer: – Gilgenstraße 35, – Postkutsche vor der Oberpostdirektion, Postplatz. Das Postpersonal steht im Eingangsbereich, anlässlich der letzten Fahrt einer Postkutsche.“ (1926), Fotograf: Arthur Barth, Stadtarchiv Speyer (CC BY-NC-SA 3.0 Deutschland)

Hatte Thurn und Taxis lange Zeit das Briefmonopol inne, wurden am Anfang des 17. Jahrhunderts weitere Transportbedürfnisse formuliert und fanden eine weitere einflussreiche Familie, die sich dieser annahm: Die Maurenbrecher aus Düsseldorf mit ihrer Maurenbrecherschen Fahrpost[4]. Briefe durften sie nicht befördern, stattdessen setzten sie Postkutschen ein und transportierten Massensendungen, Personen oder sperrige Lasten.  Dass dies erst zu einem so späten Zeitpunkt geschah, war den bis dahin schlechten Wegverhältnissen im Überlandverkehr geschuldet. Mit der Fahrpost benötigte man allerdings länger als zu Pferd und so dauerte eine Reise von London nach Oxford beispielsweise durchschnittlich zwei Tage. Das Aufkommen der Eisenbahn im 19. Jahrhundert sollte dieser Art der Personen- und Sendungsbeförderung dann auch schnell den Rang ablaufen[5].

Nach der Eisenbahn kam das Auto: "Darmstadt. Postangestellter mit Postsack neben Fahrzeug der Deutschen Bundespost", Fotograf: Gustav Hildebrand (1969), SLUB Dresden/Deutsche Fotothek (Rechte vorbehalten - freier Zugang)

Nach der Eisenbahn kam das Auto: „Darmstadt. Postangestellter mit Postsack neben Fahrzeug der Deutschen Bundespost“, Fotograf: Gustav Hildebrand (1969), SLUB Dresden/Deutsche Fotothek (Rechte vorbehalten – freier Zugang)\r\n

Ansätze eines geordneten Nachrichtenwesens gab es übrigens schon in der Antike[6]: im Alten Ägypten, in Babylonien und Mari (heute in Syrien). Im Alten Ägypten wurden Schiffsreisende auf dem Nil mit der Übermittlung von Nachrichten beauftragt, auch gab es Fußboten, die physisch so fit sein mussten, dass sie weite Strecken in kürzester Zeit zurücklegen konnten.

Die Post: Ein legendärer Arbeitsplatz

Eine Überschrift, die – hat man noch nie bei der selbigen gearbeitet – einem vielleicht übertrieben scheint. Doch sprechen die Namen Buffalo Bill, Knud Knudsen oder Andrea Bunar eine andere Sprache, sowohl im Wilden Westen als auch zu unserer Zeit.

Im zarten Alter von 14 Jahren wird William Frederick Cody[7] als jüngster Reiter Teil des „Pony-Express“: für rund ein Jahr, von 1860 bis 1861, die schnellste Postverbindung in Nordamerika[8]. Über 3.000 Kilometer verlief die Route von Missouri bis Kalifornien, für die etwa 120 Pferde, 40 Reiter und zehn Tage benötigt wurden. Die Reiter durften nicht älter als 18 und nicht schwerer als 60 Kilo sein. William Cody, später bekannt als „Buffalo Bill“, erlangt Berühmtheit als er an der Wechselstation entdeckt, dass sein Folgereiter getötet wurde und weiterreitet. Er wechselt 21 Mal das Pferd und benötigt für eine der gefährlichsten Strecken des Pony Express für 518 Kilometer nur 21 Stunden und 40 Minuten.

Und dann ist da Knud Knudsen, der einzige Wattpostbote Deutschlands[9]. Seit 2001 läuft Knudsen zweimal die Woche von Pellworm durch das Watt zur kleinen Hallig Süderoog, wo das Ehepaar Matthiesen wohnt: „Wichtig ist, dass man Grad und Kurs einhält und auf das Tempo achtet. Die grobe Richtung ist Südwesten. Erst 200 Grad, dann 190 Grad, dann 210 Grad, dann 225 Grad und das letzte Stück 240 Grad. So sind es sechseinhalb Kilometer bis Süderoog.“ Länger als eine Stunde kann er nicht verweilen, dann muss er zurück, bevor die Flut kommt. Einmal ist es ihm passiert, dass das Wasser wegen eines Sturms schneller kam als berechnet und er nach Süderoog zurückkehren musste.

Wenn nötig, wird die Post auch auf Skiern ausgetragen: "Schauinsland: Burggraf; Briefträger mit Post", Fotograf: Willy Pragher (1954), Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg (CC BY 3.0 Deutschland)

Wenn nötig, wird die Post auch auf Skiern ausgetragen: „Schauinsland: Burggraf; Briefträger mit Post“, Fotograf: Willy Pragher (1954), Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg (CC BY 3.0 Deutschland)

Oder Andrea Bunar[10]: Sie stakt auf einem Postkahn durch den Spreewald nach Lehde, einem Ortsteil von Lübbenau, etwa 100 Kilometer südlich von Berlin. Seit April 2012 liefert sie wöchentlich 30 Pakete, 600 Briefe und Karten aus, Zulagen erhält sie keine. Acht Kilometer ist ihre Poststrecke und da ist Muskelkraft gefragt, denn das Wasser ist im Durchschnitt anderthalb Meter tief und unter der Oberfläche drückt die Strömung gegen ihre Stange. Repräsentationsfunktion hat Bunar auch noch: Als stakende Postbotin ist sie Touristenmagnet.

Das Ende der Kinderpost

Nach der Ankündigung, dass keine Menschen mehr per Post verschickt werden dürfen, wurden so trotzdem noch drei Kinder versendet. Das letzte verschickte Kind war die drei Jahre alte Maud Smith, die von ihren Großeltern zurück zu ihrer Mutter reiste. Dieser Fall wurde von einer lokalen Zeitung aufgenommen und scheint das Ende der „Kinderpost“ zu markieren. Vielleicht war die öffentliche Aufmerksamkeit zu groß geworden. Die Kinder scheinen ihre Reisen alle unbeschadet überstanden zu haben. Von einem 14 Pfund schweren Baby, das der Postbote im Arm über zwanzig Kilometer trug, wurde berichtet, es habe den gesamten Weg verschlafen.
 
 

Quellen und Links


[1] „Very Special Deliveries“– Smithsonian’s National Postal Museum Blog: http://postalmuseumblog.si.edu/2013/02/very-special-deliveries.html (Letzter Zugriff: 16. März 2017)

[2] „So entstand die Post in Deutschland“ – WELT: https://www.welt.de/geschichte/article159436559/So-entstand-die-Post-in-Deutschland.html (Letzter Zugriff: 16. März 2017)

[3] „Deutsche Postgeschichte: Beginn der staatlichen Landesposten“ – Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Postgeschichte#Beginn_der_staatlichen_Landesposten (Letzter Zugriff: 16. März 2017)

[4] „Maurenbrecher (Familie)“ – Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Maurenbrecher_(Familie) (Letzter Zugriff: 16. März 2017)

[5] „Fahrpost“ – Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Fahrpost (Letzter Zugriff: 16. März 2017)

[6] „Geschichte der Post: Die schriftliche Nachrichtenübermittlung in der Antike“ – Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Post#Die_schriftliche_Nachrichten.C3.BCbermittlung_in_der_Antike (Letzter Zugriff: 16. März 2017)

[7] „Pony Express: William Cody“ – Wikipedia auf Englisch: https://en.wikipedia.org/wiki/Pony_Express#William_Cody (Letzter Zugriff: 16. März 2017)

[8] „Pony-Express“ – Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Pony-Express (Letzter Zugriff: 16. März 2017)

[9] „Da geht die Post ab“ – Stern.de: http://www.stern.de/reise/deutschland/der-wattpostbote-von-pellworm-da-geht-die-post-ab-3049740.html (Letzter Zugriff: 16. März 2017)

[10] „Königin im Kahn“ – Zeit Online: http://www.zeit.de/2012/31/C-Kahnpostbotin/komplettansicht (Letzter Zugriff: 16. März 2017)

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Startseiten- und Indexbild: „Brief von Dora Hitz an Wilhelm Stein“ (1912), Bröhan-Museum, Berlin (CC BY-NC-SA 3.0 Deutschland)