Geschichte der Briefmarke

Geschichte der Briefmarke

Gemälde von Sir Rowland Hil

Post und Briefmarken

Geschichte der Briefmarke

Wer einen Brief verschickt, bezahlt die Briefmarke – doch das war jahrhundertelang anders. Früher konnte auch der Empfänger die Zustellgebühr übernehmen. Erst die Erfindung der Briefmarke brachte Einheitlichkeit.

Von Gregor Delvaux de Fenffe

Erfinder der Briefmarke – Sir Rowland Hill

Berechnet wurde der Brief nach Anzahl der verschickten Papierbögen, die eigens durchgezählt wurden – und nach der bemessenen Entfernung, die zwischen Absender und Empfänger lag. Da es damals an exakten Karten fehlte, war die Entfernungsabschätzung ein höchst komplizierter Sachverhalt, erst recht, wenn ein Brief über Landesgrenzen hinweg verschickt wurde.

Schnell konnte der Versand oder der Empfang von Briefen eine sündhaft teure Angelegenheit werden. In Österreich, Frankreich und England hatte es bereits erste zaghafte Versuche einer einheitlichen Portogebühr gegeben, doch der Durchbruch gelang erst 1837, als in England der Pädagoge Sir Rowland Hill seinen berühmten Reformvorschlag vorbrachte.

Rowland Hill, der sich in seinen Mußestunden als Schriftführer der „Gesellschaft für die Verbreitung nützlichen Wissens“ hervortat, erarbeitete 1837 die in die Geschichte eingegangene „Post Office Reform“-Studie, die zum Nutzen aller Bürger durchgeführt werden sollte.

Hill schlug eine von Entfernungsbemessungen unabhängige Einheits-Inlandsgebühr vor, die sich nach dem Gewicht der Sendung richtete. Somit entfiel das lästige und indiskrete Zählen der verwendeten Briefbögen.

Die Briefgebühr sollte fortan durch „kleine, auf der Rückseite mit Leim bestrichene Papiere“ quittiert werden, vor allem fortan aber zu Lasten des Absenders gehen. So würde der Empfänger bei der Briefzustellung nicht länger die Annahme des Briefes durch fadenscheinige Gründe verweigern.

Tatsächlich wurde die von Hill vorgeschlagene Reform im August 1839 vom britischen Parlament genehmigt und das weltweite erste Postwertzeichen im Mai 1840 verkauft: die legendäre „One Penny Black“ mit dem Profil der Queen. Rowland Hill wurde für seine Idee von der jungen Königin Viktoria fürstlich entlohnt und später sogar Generalpostmeister Ihrer Majestät.

Siegeszug des Postwertzeichens

Die bequeme Frankatur und der gleichzeitige Wegfall der mühseligen Entfernungsbemessung durch das englische Postwertzeichen-Modell stieß international schnell auf lebhaftes Interesse und schon bald trat die Briefmarke ihren Siegeszug um die Welt an. Die Schweiz, Brasilien, die USA und die britische Kolonie Mauritius prägten nur wenig später nach der englischen Einführung eigene Postwertzeichen.

Und schon 1852 eröffnete der findige Belgier Jean-Baptiste Moens in Brüssel das erste Briefmarkengeschäft der Welt. War das Sammeln der bunten Bildchen zunächst noch ein von Kindern leidenschaftlich betriebenes, von Erwachsenen nachsichtig belächeltes Hobby, so wurde die Briefmarkensammelleidenschaft bald eines der beliebtesten Steckenpferde aller Zeiten.

Dabei bemaßen die Sammler von Beginn an den Wert einer Marke nach ihrer Seltenheit. Wichtige Kriterien der Markenbewertung waren und sind außerdem Erhaltungsgrad, Zähnung, Gummierung und das Wasserzeichen.

Aus für die Briefmarke?

Seit der Privatisierung der Post im Jahre 1995 gibt es in Deutschland kein Postministerium mehr. Trotzdem sind Briefmarken ein hoheitliches Zeichen des deutschen Staates, die inzwischen vom Bundesfinanzministerium herausgegeben werden.

Doch nach gut 150 Jahren Geschichte als Frankaturzeichen und Sammelobjekt ist die Briefmarke heute vom Aussterben bedroht. In jeder deutschen Postfiliale machen der Briefmarke inzwischen Barcode-Aufkleber Konkurrenz, die sich individuellen Verkehrswerten ausdrucken lassen.

Längst ist das Postwertzeichen im digitalen Postzeitalter ein fossiles Überbleibsel. Anstelle eines gummierten Postwertzeichens ist ein einfacher Aufkleber mit Barcode oder ein automatisierter Rollzeichenstempel die rationellere, einfachere und kostengünstigere Alternative.

Allerdings hat die Briefmarke mehr zu bieten, als einfach nur den Charakter eines Frankaturwertzeichens.

Zunächst sind da die Sammler – in Deutschland sind es geschätzte zwei Millionen. Sammler kaufen Briefmarken, die in großen Teilen als Frankaturwert nicht zum Einsatz kommen, sondern in Sammelalben verschwinden. Die Sammler kaufen mit der Marke eine Dienstleistung, die sie jedoch nicht in Anspruch nehmen. Der Absatz von Briefmarken, für die gar keine Gegenleistung fällig wird, ist natürlich eine willkommene Einnahmequelle für den Staat.

Darüber hinaus hat die Briefmarke kulturgeschichtliche Bedeutung. Jeder Staat bemüht sich um optisch ansprechende Briefmarken. Postwertzeichen sind von jeher ein Stück nationaler Selbstdarstellung gewesen: der PR-Wert von Briefmarken, der die Darstellung und Wahrnehmung eines Staates nach außen trägt, ist bis heute ein nicht zu vernachlässigender Pressewert.

Ein reich verzierter blauer Briefkasten
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