So entstand die Post

So entstand die Post

So entstand die Post in Deutschland

Veröffentlicht am 11.11.2016| Lesedauer: 3 Minuten

'Mounted postboy blowing his post horn as he gallops through the countryside with letters; Germany, 17th century.'

Mit seinem Posthorn verschaffte sich der Bote auch vor nächtens geschlossenen Stadttoren Einlass

Quelle: pa/United Archiv/World History Archive

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„Schnell, schnell, schnell, so schnell, als ob Du fliegen würdest“, stand auf den Stundenzetteln der berittenen Boten, die an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert die Nachrichten von Päpsten und Kaisern, von Fürsten und Geschäftsleuten zu expedieren hatten. Zeit war damals schon Geld. Wer wüsste das besser als die Familie von Thurn und Taxis? Sie stieg vor rund 500 Jahren in die Kommunikationsbranche ein. Und „erfand“ damit quasi die Post.

Als Meilenstein in der Geschichte des Familienunternehmens gilt ein Vertrag zwischen Karl I. von Spanien – dem späteren Kaiser Karl V. – und Franz von Taxis vom 12. November 1516. In dieser „Magna Charta des modernen Postwesens“ zurrten die Vertragspartner, zu denen auch Franz‘ Neffe Johann Baptista gehörte, Honorare, Streckenverläufe und Zustellzeiten fest.

Ein Brief von Brüssel nach Rom sollte nunmehr längstens zwölf Tage unterwegs sein. Ein rasantes Tempo im Vergleich zu jenen 30 Tagen, die ein eiliger Reiter im Mittelalter für annähernd dieselbe Strecke brauchte. Zauberwerk? Nein, ein simpler Kniff. Etwa alle 30 Kilometer stand ein Rasthaus – die „posita statio“ – , an dem die Boten ihre Schriftstücke in „Felleisen“ – im französischen „valise“ für „Koffer“ hat sich der Begriff in die Moderne gerettet – einem Kollegen übergaben. Der ritt dann im Schweinsgalopp mit dem Briefsack weiter bis zur nächsten „Post“.

Das Verfahren schonte Mensch und Tier – unter gleichzeitigem Verzicht auf die bis dahin notwendigen Pausen. Ausgestattet mit Schutzbriefen der Mächtigen und einem Posthorn, dass die Stadttore auch des nächtens öffnete, waren die Boten der Familie Taxis, deren Angehörige sich seit 1650 Thurn und Taxis nennen durften, bald konkurrenzlos unterwegs. Im Riesenreich der Habsburger, wo die Sonne niemals unterging, wuchs der Bedarf an Austausch und Kommunikation zeitgleich mit dem Handel, der beispielsweise die Niederlande und Oberitalien, aber auch die Gebiete der „Neuen Welt“ miteinander vernetzte.

Der Staatsrechtler Johann Jacob Moser verglich die „Taxische Erfindung“ 1742 mit der Entdeckung Amerikas. „Es ist fast dem gemeinen Wesen der Welt nichts so nützlich, als die Post, und wer selbige erfunden hat, verdient in alleweg einen unsterblichen Namen“, zeigte sich der katholische Geistliche Abraham a Santa Clara ein halbes Jahrhundert zuvor überzeugt.

Ob als „Postmeister“, „Kaiserlicher Kämmerer und Hofpostmeister“, „Generalpostmeister“ oder „Erbgeneraloberstpostmeister“ – Kaiser und Könige kamen und gingen, die von Taxis saßen fest im Sattel. In deutschen Landen überlebten sie sogar das Ende des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ 1806 und versorgten Teile Mitteldeutschlands weiter, wie der Saarbrücker Historiker Wolfgang Behringer in seiner Unternehmensgeschichte der Thurn und Taxis schreibt.

Das endgültige Aus kam 1866/67 nach dem Krieg zwischen Preußen und Österreich. Die von Thurn und Taxis „diversifizierten“ in der Folge, kauften Bergwerke, Zuckerfabriken oder Brauereien. Heute lenkt Fürstin Gloria unter anderem vom Stammsitz in Regensburg aus die Geschicke der Familienunternehmungen. Unterdessen werden trotz Mails, Twitter, Whatsapp und Co weiterhin Briefe durchs Land geschickt. Rund 60 Millionen stellt die Post jeden Werktag zu – plus 3,9 Millionen Pakete, wie der Konzern mit Sitz in Bonn mitteilt.

Die größte Herausforderung für die Boten unserer Tage dürften weniger schlechte Verkehrswege als vielmehr bissige Hunde sein. Manche aber stehen vor ähnlichen Herausforderungen wie weiland die verwegenen Reiter: Knud Knudsen etwa, der eineinhalb Stunden über das Wattenmeer wandert, um den Menschen in Süderoog die Post zu bringen. Oder Andrea Bunar, die mit ihrem Kahn durch den Spreewald südlich von Berlin stakt. Sie nimmt ihre Fracht am „Zustellstützpunkt“ Calau auf – von dort soll übrigens der Kalauer kommen – und ab geht dann die Post.